Michelle Latta
Kunstgeschichte
Michelle Latta studierte Kunstgeschichte (M.A.) an der Freien Universität Berlin und der University of Toronto, Kanada. Als Doktorandin forscht sie am Graduiertenkolleg „Normativität, Kritik, Wandel“ zu dekolonialen Praktiken Indigener Gegenwartskünstler*innen des heutigen Kanadas. Die Forschung basiert auf ihrer Masterarbeit „‚Truer Than Your Truth‘ – Kent Monkman als dekolonialer Geschichtsschreiber“. Ihr Bachelorstudium der Kunstwissenschaft und Geschichte an der Universität Duisburg-Essen schloss sie mit der Arbeit „Zwischen Kunst, Mode und Aktivismus: Das Vogue-Projekt ‚Wir machen das‘ von Katharina Grosse – im Vergleich mit Rosemarie Trockel, Cindy Sherman und Vanessa Beecroft“ ab.
Während ihres Studiums hatte sie mehrere Positionen am Institut für Kunst und Kunstwissenschaft der Universität Duisburg-Essen inne: Sie war Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Lehrforschungsprojekt „digIcon. Digitale Bildkompetenz in der kunst- und bildwissenschaftlichen Lehre“, Tutorin zum Thema „Geschichte und Zukunft des (Kunst-)Museums“ und Assistentin des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Kunstgeschichte/-wissenschaft. Darüber hinaus war sie als Praktikantin am Museum Kunstpalast Düsseldorf und am Museum Folkwang Essen tätig, wo sie unter anderem Konzepte für die Jubiläumsausstellung „Renoir, Monet, Gauguin. Bilder einer fließenden Welt“ (eine Kooperation zwischen dem Museum Folkwang und dem National Museum of Western Art, Tokio) erarbeitete.
Am Zentrum für Hochschulqualitätsentwicklung der Universität Duisburg-Essen befasste sie sich zudem mit universitären Innovationsprozessen.
Dimensionen einer dekolonialen Indigenisierung des Normativen in den Werken Indigener Gegenwartskünstler*innen des heutigen Kanadas (Arbeitstitel)
Meine Forschung befasst sich mit der dekolonialen Transformation von gesellschaftlichen, kunsthistorischen, historischen, politischen, rechtlichen, geschlechtlichen und sexuellen Normen in den Werken ausgewählter zeitgenössischer Indigener Künstler*innen des heutigen Kanadas. Anhand einer vergleichenden Untersuchung soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern ihre dekolonialen Praktiken transformative Prozesse initiieren, die sich im Spannungsfeld zwischen einer Indigenen (Neu-)Ordnung einerseits und einer Indigenen Neukonzeption von Normen andererseits bewegen. Das Forschungsziel besteht in der Feststellung, dass diese Künstler*innen mithilfe verschiedener Strategien der aktiven und kritischen Wiederaneignung von Identität und Wissensgenerierung als dekoloniale Akteur*innen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eingreifen.
So wird meine Untersuchung auf der einen Seite aufzeigen, dass Künstler*innen wie Kent Monkman, Rebecca Belmore, Sonny Assu und Jim Logan Indigene Ordnungen auf invasive Weise in das ‚westliche‘ Normgefüge einschreiben, indem sie ‚westliche‘ Darstellungsformen und Erzählungen infiltrieren. Sie hinterfragen ‚westliche‘ Normen und passen sie Indigenen Perspektiven an, um Indigene Standards wiederzubeleben und zu ermächtigen. Auf diese Weise forcieren diese Künstler*innen die Gestaltung von Möglichkeitsräumen einer Indigenen Zukunft.
Auf der anderen Seite wird meine Forschung darlegen, dass Künstler*innen wie Marianne Nicolson, Catherine Blackburn, Lisa Myers und Lindsay Katsitsakatste Delaronde ‚westliche‘ Normkonzepte subversiv unterbrechen bzw. überschreiben. Sie lösen sich von einer ‚westlichen‘ Ästhetik und ergründen stattdessen Darstellungs- und Verhandlungsmöglichkeiten Indigener Erfahrungen, die sich außerhalb ‚westlicher‘ Ordnungen bewegen. Auf diese Weise arbeiten sie neue Normverständnisse heraus, die Indigenen Epistemologien gerecht werden und somit die Erforschung der eigenen Indigenen Identität ermöglichen.
Die Erkenntnisse meiner Forschung sollen einen Beitrag zu dem an Bedeutung gewinnenden dekolonialen Diskurs in der Kunstgeschichte liefern, welche – insbesondere im deutschen Sprachraum – noch immer eine Forschungslücke in Bezug auf dekoloniale Theorie und Indigene Gegenwartskunst aufweist. Dabei ist es, wie meine Forschung argumentieren wird, gerade die Kunst, welche dekoloniale Konzepte und die Debatte über ihre Dimensionen vorantreibt. Darüber hinaus ist es mir ein Anliegen, dass meine Forschung selbst Kritik an der Norm übt: Ich befasse mich nicht nur mit Werken, die den europäischen bzw. ‚westlichen‘ Kanon hinterfragen, sondern möchte mit meiner Arbeit auch Theorie und Praxis der eurozentrischen Kunstgeschichte aufbrechen. Dabei habe ich auch meine Rolle als ‚weiße‘ Europäerin, die über Indigene Kunst forscht und schreibt, im Blick.
Forschungsinteressen:
- Decoloniality
- Critical Indigenous Studies & Critical Race Studies
- Transcultural Studies
- Queer & Feminist Theories
- Bildwissenschaft und Visual Culture
- Fashion Studies (Verflechtungen von Kunst und Mode)
Aufsätze
Karl Ernst Osthaus – vom kaufmännischen Lehrling zum Kunstsammler und Museumsgründer, in: Museum Folkwang Essen (Hrsg.): Renoir, Monet, Gauguin. Bilder einer fließenden Welt. Die Sammlungen von Kojiro Matsukata und Karl Ernst Osthaus (Ausstellungskatalog). Berlin: Hatje Cantz Verlag, 2022, S. 340-349.
Vorträge
„The Artist is Present” von Marina Abramović. Der Blick in die Augen – eine Grenzerfahrung, Wissenschaftlicher Vortrag im Rahmen des 97. Kunsthistorischen Studierendenkongresses, Berlin 2019.